Archiv – Februar 2023

#39

In den späten 1980er Jahren zeichnet sich die Hinwendung zum Wald und Winter ab, zwei Motive denen in Camaros Spätwerk eine besondere Bedeutung zugeschrieben werden.
In „Begegnung“ treffen zwei Figuren in Rüstung in einem dichten Wald aufeinander. Die zentral platzierte, auf einem Pferd sitzende Figur wendet sich dem weißen Ritter zu seiner Rechten zu. Von ihm wird lediglich der Helm sichtbar. Wer sich hinter den Ritterhelmen verbirgt und in welchem Verhältnis die Figuren zueinander stehen, lässt der Künstler unbeantwortet. Es scheint die Zeit still zu stehen, der Wald wandelt sich in einen poetisch-melancholischen Zwischenraum.
„Der Wald (nimmt) eine beklemmende Sonderstellung ein – und das geht auch zurück auf ein Erlebnis, das der Künstler während des Ersten Weltkriegs als Jugendlicher hatte. (…) Er und ein Freund gingen im Winter in den Wald, um einen Baum zu fällen, womöglich um Brennholz für die heimischen Öfen zu haben. Und während sie mit der Säge zugange sind, bemerkt Camaro plötzlich, dass im hohlen Stamm des Baumes ein erfrorener toter Soldat kauert.“*

(*Ulrich Clewing: Große Freiheit. Alexander Camaros Weg ins 21. Jahrhundert, in: Alexander Camaro. Die Welt des Scheins, 2022, S.155f.)

[Alexander Camaro, Begegnung, 1987, Aquatec, Collage, Acryl auf Leinwand, 200 × 245 cm
Foto: Reinhard Friedrich
© Camaro Stiftung]

[EN]
The motifs winter and forest became a special importance in Camaros late art work.
In our #weeklycamaro #39 „Encounter“ two figures with helmets meet in a dense forest.
The centrally placed figure sitting on a horse and turns to the white figure to his right.
It´s not known who hides behind the helmets and in which relation the figures stand to each other. In the painting time seems to stand still and the forest turns into a poetic-melancholic space.
„The forest occupies an oppressive special position – because of an experience Camaro had as a young person during the First World War. (…)  He (Camaro) and a friend went into the woods to cut down a tree in winter, possibly to get fire wood for the local stoves. While they sawed, Camaro suddenly notices a frozen dead soldier is crouching in the hollow trunk of the tree.“

#38

In einem hellen, menschenleeren Raum befindet sich rechts im Vordergrund ein Kleiderständer, an dem ein weißes Hemd hängt. Links daneben steht eine dreibeinige Kleiderpuppe mit einem schmalen Profilgesicht und einem opulenten Hut. Das Gesicht und die „herrschaftliche Pose der durchscheinenden Lady scheint von (Lady Curçon,) der legendären Vizekönigin Indiens inspiriert zu sein“ und findet sich ebenfalls in dem Werk „Die reflektierte Braut“*.
Requisiten, wie Kleiderständer und Kleiderpuppen, sind in einer Reihe von Arbeiten Camaros zu entdecken, wie im „Schaufenster in der Potsdamer“ und „Pythia“, beide von 1980, oder in „Die reflektierte Braut“ von 1984. Kleiderpuppen erhalten vermenschlichte Charakterzüge, werden zu stille Musen oder Marionetten und lassen das Motiv der „femme maison“ der Künstlerin Louise Bourgeois von 1947 aufscheinen.

(*Christiane Heuwinkel: Die Welt des Scheins. Ein Camaro-Alphabet, in: Alexander Camaro. Die Welt des Scheins, 2022, S.32.)

[Alexander Camaro, Lady Curçon, 1984,
Mischtechnik, Acryl, Pastell auf Leinwand, 200×160 cm
Foto: Reinhard Friedrich  © Camaro Stiftung /
Alexander Camaro, Die reflektierte Braut, 1948, Mischtechnik, Acryl, Pastell auf Leinwand, 200x250cm
Foto: Angelika Weidling  © Camaro Stiftung /
Alexander Camaro, Schaufenster in der Potsdamer, 1980, Mischtechnik und Textil-Collage, Plexiglas, Acryl auf Leinwand, 200x250cm
Foto: Gerhard Haug © Camaro Stiftung /
Alexander Camaro, Pythia, 1980, Collage, Acryl, Pastell auf Leinwand, 200x250cm
Foto: Hermann Kiessling © Camaro Stiftung]

[EN]
In a deserted room, a clothes rack stands on the right in the foreground, with a white shirt on it. To the left we discover a three-legged mannequin with a narrow profile face and an opulent hat. The face and „the majestic pose of the translucent lady seems to be inspired by (Lady Curçon,) the legendary Viceroy of India“ and is also found in the art work „The reflected bride“.
Props, such as clothes racks and mannequin can be found in a number of art works by Alexander Camaro, such as „show windows at the Potsdamer“ and „Pythia“ (both from 1980), or „the reflected bride“ from 1984. Mannequins get humanized character traits, become silent muses or puppets, and contain the motif of the „femme maison“ by the artist Louise Bourgeois from 1947.

 

#37

Der „Zauberer“ bildet zusammen mit „Zaubertisch“ ein Diptychon. Die von Linien umrissene Szene ist in ihrer Formgebung und Farbwahl reduziert gehalten. In einem nahezu leeren Raum steht eine männliche Figur in Frack und hebt seine Arme „wie zu einer Levitation von zwei Tüchern“. Während Christiane Heuwinkel das Interieur des rechten Bildes dem Titel nach als „Zaubertisch“ mit Requisiten des Zauberers definiert, erkennt Lucie Schauer darin ein Maleratelier mit rechteckigen Bildern, die fast zu schweben scheinen. Hier wird der Maler zum Magier und seine Kunst zur Zauberkunst.

(Christiane Heuwinkel: Die Welt des Scheins. Ein Camaro-Alphabet, in: Alexander Camaro. Die Welt des Scheins, 2022, S.42. / Lucie Schauer: Zauberer und Zaubertisch, in: Die Welt als Bühne. Alexander Camaro, S.84)

[Alexander Camaro, Zauberer und Zaubertisch (Diptychon), 1983, Mischtechnik, Acryl, Kohle auf Leinwand, 200 × 160 cm
Foto: Eric Tschernow  © Camaro Stiftung]

[EN]
Our #weeklycamaro #37 the „magician“ forms together with „magic table“ a diptych. The scene, which is created out lines, is reduced in its shape and choice of colours. In an almost empty room, a male figure in a tuxe stands and raises his arms “as if to a levitation of two cloths”. While Christiane Heuwinkel defines the interior of the painting on the right as a “magic table” with props of the magician, Lucie Schauer recognises the surrounding as a painting studio with rectangular paintings that almost seem to float. Here the painter becomes a magician and his art becomes magic.

#36

Alexander Camaro, Persephone, 1982, Mischtechnik, Collage, Acryl, Öl auf Leinwand, 200x250cm
Im Gemälde von 1982 liegt eine weibliche Umrissfigur auf einer Holzplatte in einem hellen Raum, „ähnlich einem Maleratelier“*. Sie ist umgeben von angedeuteten Holzplatten, Bildern, die an Wänden hängen und weiteren Gegenständen. Das Aktmodell wird zur mythologischen Göttin „Persephone“, der Göttin der Unterwelt und Fruchtbarkeit, erhoben. Figuren der antiken Mythologie sind in Camaros Werken in Alltagssituationen wiederzufinden.

Das Werk verdeutlicht die figürlich-abstrakte Synthese- Alexander Camaro lies sich nicht als entweder abstrakter oder figurativer Künstler einordnen.

(*Lucie Schauer: Begegnungen, in: Camaro. Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, 1983)

[Alexander Camaro, Persephone, 1982, Mischtechnik, Collage, Acryl, Öl auf Leinwand, 200x250cm
Foto: Hermann Kiessling © Camaro Stiftung]

[EN]
In the painting „Persephone“ by Alexander Camaro from 1982, a conture of a female figure lies on a wooden panel in a bright room, „similar to a studio“. She is surrounded by implied wooden panels, paintings hangign on a wall and other objects. The nude model is elevated tot he mythological godness Persephone, the godness oft he underworld and fertility. Figures of ancient mythology can be found in Camaro´s art works in everyday situations. This painting shows the figurative-abstract synthesis – Camaro never let himself classified as either abstract or figurative painter.