Alexander Camaro
Alexander Camaro hatte aufgrund seiner Vielseitigkeit großen Einfluss auf die Berliner Boheme und Kunstszene: Er war Maler, Tänzer, Kabarettist, Bühnenkünstler und Literat. Nach 1945 trat er als ein maßgeblicher Vertreter der deutschen Nachkriegsmoderne auf.
1901 geboren und aufgewachsen in der niederschlesischen Stadt Breslau (heute Wrocław/PL) schöpfte der spätere Maler aus den Anregungen seiner Kindheit und Jugend. Einen entscheidenden Anstoß für sein künstlerisches Schaffen gaben ihm die Artist:innen sowie Schausteller:innen, denen er im Vergnügungsort Breslau-Morgenau begegnete. Als 16-jähriger schloss er sich einem Wanderzirkus an und arbeitete als Hochseilartist.
Nach dem Ersten Weltkrieg zog Alexander Camaro in die Breslauer Altstadt, wo sich ihm das Spektrum der interdisziplinären Künste erschloss: Malerei, Musik, Literatur und besonders auch die Bühne faszinierten den Künstler nachhaltig. Von 1920 bis 1926 studierte er Malerei an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau, vor allem beim ehemaligen Brücke-Maler und Expressionisten Otto Mueller. Er gilt als dessen bedeutendster Schüler – die künstlerische Prägung durch seinen schlesischen Meister macht sich bis in sein Spätwerk hinein bemerkbar.
1928 ging Camaro von Breslau nach Dresden, an die renommierte Wigman-Schule für Tanz. Dort lernte er die Mitschülerin Gisa Ley kennen, mit der er die gemeinsame Tochter Jadwiga Falk-Ley (*1930, Künstlerin) bekam. Mary Wigman, die große Erneuerin des modernen Tanzes, förderte Camaros Begabung: Sie machte ihn zum Mitarbeiter an ihrer Schule und engagierte ihn 1930 als Solisten im Tanzdrama „Totenmal“. Von dort nahm Camaro gemeinsam mit seiner Partnerin Liselore Bergmann seine eigene tänzerische Karriere auf, die bis in die 1940er-Jahre andauerte. Sein Repertoire umfasste moderne, expressive Choreografien bis hin zu grotesken und kabarettistischen Tänzen. Er war bis 1939 Ballettmeister in Allenstein und verpflichte sich Anfang der 1940er-Jahre im Duo an die deutschen Frontbühnen im Ausland. Ab 1944 lebte er – wie viele andere Künstler seiner Zeit – versteckt, um der Wehrpflicht zu entgehen.
1945/46 nahm Camaro seine bildkünstlerische Tätigkeit in Kleinmachnow bei Berlin wieder auf und lebte mit der Malerin und späteren Baukeramikerin Susanne Riée zusammen. 1949 war er maßgeblicher Mitbegründer des legendären, surrealistisch geprägten Künstlerkabaretts „Die Badewanne“, ein Treff- und Tummelplatz der Berliner Boheme. 1951 erfuhr er mit dem Berliner Kunstpreis seinen Durchbruch als Maler. 1952 wurde er als Professor an die Hochschule für Bildende Künste Berlin berufen, an der er bis 1969 freie Malerei unterrichtete. Er lebte mit seiner Frau, der Künstlerin Renata Camaro, seit 1971 abwechselnd in Berlin und im gemeinsamen Atelierhaus auf Sylt.
Alexander Camaro hinterließ nicht nur ein umfangreiches, vielseitiges Werk, sondern auch einen dokumentarischen und schriftlichen Nachlass, dessen wissenschaftliche Aufarbeitung weiterhin fortgeführt wird.