von anja

#27

Das großformatige Gemälde „Eingang zur Orientschau“ von 1974 wird von einer puppenhaft reduzierten Profilfigur in der Bildmitte dominiert. Etwas weiter im Hintergrund in der linken Bildhälfte platzierte der Künstler eine helle Frauenbüste auf einem blau-weißlichen Sockel. Mit diesen zwei Figuren, werden zwei Themen der Jahrmarktattraktionen zusammenführt: die wiederkehrend in Camaros Werken auftretende „Dame ohne Unterleib“, die oft in Schaubuden zu sehen war, und eine dunkelhäutige Figur, die stellvertretend für Völkerschauen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts „Orientschauen“ genannt wurden, steht. Der Künstler greift in der malerischen Auseinandersetzung mit diesen Scheinwelten auf Erinnerungen von Jahrmarktbesuchen seiner Jugendzeit in Breslau zurück.

Unser #weeklycamaro #27 ist zugleich das Titelbild der Retrospektive „Alexander Camaro: Die Welt des Scheins“ und ist in der Ausstellung neben mehr als 100 weiteren Werken Camaros im Kunstforum Hermann Stenner in Bielefeld ab dem 02.10.2022 zu sehen.

[Alexander Camaro, Eingang zur Orientschau, 1974, Aquatec, Acryl, Kohle auf Leinwand, 200 × 160 cm
© Camaro Stiftung]

[En]

“Entrance to the Orientschau” from 1974 is dominated by a doll-like reduced profile figure in the middle of the painting. A little further in the background left side, the artist placed a bright female bust on a blue-white pedestal. With this figures two themes of the fair’s attractions are merged: the recurring “Lady without Belly” in Camaro’s works, which was often seen in show booth, and a dark-skinned figure representing folk shows called “Oriental shows” at the beginning of the 20th century. In his painterly exploration of these fictional worlds, the artist draws on memories of fairgroundvisits from his youth in Wroclaw.

Our #weeklycamaro #27 is also the cover of the retrospective “Alexander Camaro: Die Welt des Scheins” and can be seen in the exhibition alongside more than 100 other works by Camaro at the Kunstforum Hermann Stenner in Bielefeld. (02.10.2022-26.02.2023)

 

Weitere aktuelle Ausstellungen in der Camaro Stiftung

Ausstellung
19. April 2024 – 26. Juli 2024
Die Kraft der Melancholie. Alexander Camaro und Seelenverwandte
Vernissage: 18.04.2024 um 18 Uhr Ausstellungsdauer: 19.04.-26.07.2024   Eine Ausstellung mit Arbeiten von: Hermann Bachmann, Kurt Bunge, Alexander Camaro, Werner Heldt, Karl Hofer, Ulrich Knispel, Curt Lahs, Oskar Moll, Paul Strecker, Horst Strempel und Mac Zimmermann.   Melancholie ist ein Gemütszustand – angesiedelt irgendwo zwischen Traurigkeit und Träumerei. Sie kommt und geht und ist etwas vom Schönen im Leben – etwas, das kreativ machen kann. Dieser besonderen Atmosphäre geht die Ausstellung nach, indem sie Werke zeigt, die von einem besonderen melancholischen Kolorit zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit geprägt sind. Alexander Camaro wurde immer wieder als großer Melancholiker bezeichnet, sein Schaffen als seltener Sonderfall betrachtet. Im westlichen Nachkriegsstaat blieb er mit seinen gegenstandsbezogenen Bildern in den Augen der Kunstkritik lange eine „interessante Ausnahme, ein distinguiertes Überbleibsel“ (Anthony Thwaites, 1961) der Zwischenkriegsmoderne. Der Blick auf das künstlerische Schaffen der Stadt Halle (Saale), ihrer renommierten Kunsthochschule Burg Giebichenstein und dem Neuaufbau der bedeutenden Sammlung des Kunstmuseum Moritzburg nach 1945, wirft ein neues Licht auf diese Sonderrolle, die sich Alexander Camaro in Berlin zunächst nur mit gegenständlich arbeitenden Künstlern wie Werner Heldt und Karl Hofer teilte. Bereits im Jahr 1947 erwarb das Kunstmuseum Moritzburg Gemälde von Alexander Camaro. Durch den Erwerb seiner Werke, aber auch von Arbeiten Horst Strempels, Werner Heldts, Curt Lahs‘ und Karl Hofers, entstand eine Stimmung innerhalb der Sammlung, die mit dem Begriff der Melancholie beschrieben werden kann und später das Kunstschaffen in der Saalestadt maßgeblich beeinflusste. Für die ausgestellten Maler aus dem Kreis und Umfeld der „Halleschen Schule“, Hermann Bachmann, Kurt Bunge oder Ulrich Knispel, überwog nach 1945 allerdings nur für kurze Zeit die künstlerische Freiheit und Selbstbestimmung – ein Klima, das zu einem besonderen Stimmungsbild ihrer Malerei – und gewissermaßen zu einer Seelenverwandtschaft mit Alexander Camaro führte. Kuratiert wurde die Ausstellung von Matthias Rataiczyk, Leiter Kunsthalle „Talstrasse“, Halle (Saale) und Dr. Anna Krüger, Camaro Stiftung, Berlin.       *Durch die Teilnahme an der Veranstaltung erklären Sie sich mit der möglichen Veröffentlichung von Bildmaterial, auf dem Sie abgebildet sind, einverstanden.*  MehrTeilenTermin speichern