#48
Vier junge Damen in viktorianischer Kleidung und Hochsteckfrisuren stehen zweireihig versetzt in ähnlicher Pose vor einer Kamera. Sie platzieren sich in einem Interieur, das einer Kulisse gleicht. Unser #weeklycamaro #48 skizziert eine Nachkriegsgesellschaft, die sich mit Fragen von Identität und Anonymität konfrontiert sah und in der mehr Frauen als Männer zu verzeichnen waren.
In dem Gemälde „Beim Standfotograf“ mit diesen `heiratswilligen’ Puppenartigen Figuren sah der Publizist und Kunsthistoriker Heinz Lüdecke eine „ironische Spiegelung der lüsternen fin-de-siècle-Jungfräulichkeit“*, indem der Künstler Alexander Camaro „die Ansicht eines Fotoateliers des 19. Jahrhunderts in seinem Sinne verkehrt und unter Verzicht auf die Tiefenwirkung malerisch ins Bild setzte.**
(* Anna Krüger: Melancholie der Farbe. Alexander Camaros Gegenbilder der frühen Nachkriegszeit, in: Die Kraft der Melancholie. Alexander Camaro und Seelenverwandte, S.14.
**Anna Krüger: Alexander Camaro (1901-1992) Leben und Werk, S. 204)
[Alexander Camaro, Beim Standfotograf, 1946, Öl auf Hartfaser, 113x140cm, Foto: Angelika Weidling]
[EN]
Four young ladies in Victorian dress and pinned-up hairstyles stand in front of a camera, staggered in two rows in a similar pose. They place themselves in an interior that resembles a backdrop. Our #weeklycamaro #48 sketches a post-war society that was confronted with questions of identity and anonymity and in which there were more women than men.
The publicist and art historian Heinz Lüdecke recognized in the painting „Beim Standfotograf“ with these ‚marriage-willing‘ doll-like figures an „ironic reflection of lascivious fin-de-siècle virginity“, in that the artist Alexander Camaro „inverted the view of a 19th-century photo studio in his own sense and, forgoing the effect of depth, painterly depicted it“.